Böhmischer Hof

Böhmischer Hof

1869 sind im Zuge einer „Untersuchung über die in Fabriken und Gewerben Niederösterreichs bestehenden Einrichtungen zum Wohle der Arbeiter“ schon Arbeiterquartiere des J. Boschan erwähnt.

Der „Böhmische Hof“ war fast überwiegend von eingewanderten Tschechen bewohnt, welche am Anfang die für das Leben notwendigen Möbel aus Zuckerkisten verfertigten, Brot selber machten und den Kaffee aus gerösteter Gerste herstellten. Beides waren damals Grundnahrungsmittel. Selten gab es Pferdefleisch.

1941/42 Ganahl saniert den Böhmischen Hof (Dachstuhl und Dachdeckung). In den 1980ern Abriss.

Standort:

Weigelsdorf

Weigelsdorf und die Tschechen

1840 vom Spinnereibesitzer Kärnbach erbaut. Ebenso wie in der „Schivizhoffen“ wurden tschechische Textilarbeiter hier untergebracht.

Die Häuser waren durchwegs einstöckig, lediglich ein Gebäudeteil hatte zwei Stockwerke. Die Wohnungen wurden von außen über einen frei liegenden Gang betreten und bestanden für Arbeitnehmer mit Familie aus Küche (11m²) und Zimmer (20m²). Ledige bewohnten Einzelräume. Ebenfalls von außen begehbar waren die Trocken-Aborte (Plumpsklo), welche von mehreren Parteien benützt wurden und im Sommer ein Tummelplatz für Fliegen, Würmer und Maden waren. Wasser musste vom Hofbrunnen mit Kübeln geholt werden, und die in unmittelbarer Nähe befindlichen Senkgruben waren eine ständige Infektionsquelle für die Bewohner. Nahe der Fischa gab es Waschküchen und für das Brennmaterial „Schupfen“. Viele Bewohner besaßen einen kleinen Garten mit einem Hasen- und Hühnerstall.

Kapelle und Aufbahrungsraum (Totenkammerl) waren ebenso vorhanden wie später auch ein Ordinationsraum für den Arzt, der zwei Mal in der Woche ordinierte.

Die Stiegen und Eingänge zu den Wohnungen lagen ursprünglich in Sichtweite des in der Fabriksanlage stehenden „Herrenhauses“ und boten so den Arbeitern einen guten Einblick zu den Festlichkeiten und Empfängen des Fabriksherrn. Dies und die zum Trocknen aufgehängte Wäsche der Arbeiter störte die Frau eines Fabriksbesitzers so, dass sie ihren Mann veranlasste, die Stiegenaufgänge auf die entgegengesetzte Seite der Arbeiterwohnhäuser zu verlegen. Die Wohnungen waren nachher nur über das Wohnschlafzimmer zu betreten.

1890 hatte das Dorf 1062 Einwohner, davon 629 Deutsche, 290 Tschechen und 143 „Andere“. Dies ist ein „Fremdenanteil“ von 41%!