Bunker und Kriegszeit

Bunker und Kriegszeit

1943 requirierten Rüstungsinspektoren die eben erst von Ganahl wieder mit 400 neuen Maschinen und allen Nebeneinrichtungen ausgestattete Weberei. An Stelle von Textilien fertigten die WNF (Wiener Neustädter Flugzeugwerke) Flugzeugrümpfe.

Der Bunker ist wahrscheinlich in dieser Zeit gebaut worden. Der Schornstein wurde abgetragen, aber auch Tarnfarben und Tarnnetze halfen nicht viel. Der Produktionsort wurde bald entdeckt. 1944 Bombenangriffe, Auslagerung der Flugzeugteilefertigung nach Tschechien.

Schutz vor Bomben und Granatsplittern fanden die Weigelsdorfer im großen Keller des Pfarrhauses, im eigenen Keller oder in den sogenannten Splittergräben in der Boschanstraße.
Die Benützung des Bunkers war nur auserwählten Personen gestattet.

Standort:

Weigelsdorf

Weigelsdorf erlebt schwere Zeiten

1938 Anschluss an das Deutsche Reich, Unruhen und Aufmärsche durch Ackerbauschüler und Ortsnazi, Kirchenfeindlichkeit und Judenverfolgung. Bei der Volksabstimmung für den Anschluss sorgten die Ortsnazi für „Ja“-Stimmen mit Sprechchören: „Eine Stimme Nein ist nicht nur gemein, sondern stammt von einem Schwein.“

1938 Carl Ganahl kauft die heruntergekommene Weberei (1936 Konkurs und Stillegung angeblich nach Spielschulden im Casino Baden durch die Brüder Nagler).

1943 Übernahme durch die Wiener Neustädter Flugzeugwerke, Auslagerung der Webstühle. Bunkerbau.

1944 Auslagerung der Flugzeugteilefertigung nach Tschechien. Das Personal wurde dienstverpflichtet und mitgenommen. Trotz Vertrag wurde das Gelände nicht freigegeben, sondern an eine taktische Truppe der Hilfspolizei untervermietet. Diese erschien dann prompt mit ganzen Zügen voller Munition, Waffen, Beute und Kriegsmaterial. Das Fabriksgelände wurde als Wehrmachtsdepot verwendet.

1945 vor dem Einmarsch der sowjetischen Truppen am 2. April sprengte die SS das Fabriksgelände. Aus der Pfarrchronik Ostersonntag, 1. April 1945: „Hochamt konnte keines gehalten werden, da wegen des Befehles zur Evakuierung des Ortes die Leute zu aufgeregt waren. Das Gerücht, die Fabrik wird gesprengt, durcheilt Weigelsdorf. Die tapferen Parteigenossen nahmen Reißaus nach Westen. … Die meisten Fabrikler verlassen die Boschan und nehmen Zuflucht in den Luftschutzkellern des Ortes. … Knapp nach 9 Uhr abends flog unsere Weberei mit furchtbarer Detonation und hunderte Meter hohen Feuergarben in die Luft. … Der Windstille verdankte der böhmische Hof und die Boschan ihr Weiterbestehen.“

Aus der Pfarrchronik Ostermontag, 2. April 1945: „…In aller Frühe hißten Männer am Kirchturm die weiße Fahne. … Im Laufe des Vormittags erschienen die ersten motorisierten Russen, die ihr Kommen durch Herabschießen von Glühbirnen ankündigten. Gegen Mittag rollten ungezählte Panzer … herein. Männer mußten auf der Straße ihre „ura“ herausgeben und ihre Stiefel ausziehen. Abends Einquartierung, Wagen und Pferde und ukrainische Soldaten. Biedere, ältere Leute, die noch vom Christentum eine Idee hatten, dem Pfarrer sofort ihr Kreuzzeichen vormachten und ihm als Dank für eine Kerze sogar eine Menageschale Zucker und einen Teller Schmalz schenkten…“

Aus der Pfarrchronik Dienstag, 3. April 1945: „… Am Dienstag kamen erst die Richtigen und jetzt begann das Plündern und Schänden. Vom 13jährigen Mädchen bis zur 80jährigen kranken Greisin wurden Mädchen und Frauen vergewaltigt. Allerdings stahlen nicht nur die Russen. Was sich da manche, auch „fromme Christen“ leisteten, bleibt wohl für diese ein immerwährendes Schandmal… vor dem Friedhof wurden 2 deutsche Soldaten, SS-Männer oder Volksstürmler liquidiert und lagen ihre Leichname ca. 10 Tage bei Hitze da…“

Kriegsende am 8. bzw. 9. Mai. 44 Weigelsdorfer Soldaten und 4 Kinder sind Opfer des Krieges.

1947 Abzug der Russen aus Weigelsdorf.

1949 Neuaufbau der Weberei Ganahl, 1950 Inbetriebnahme.